Es war sechs Uhr morgens, als ich am Flughafen von meinen Liebsten Abschied nahm und mich auf die Reise nach San Francisco begab. Voller Spannung und Aufregung blickte ich nervös aus dem Fenster, als das Flugzeug nach 14-stündigem Flug am Boden aufsetzte. Die kalifornische Sonne hiess mich willkommen und trotz November für sommerliches Klima. Hier wollte ich also meinen dreimonatigen Sprachaufenthalt absolvieren, in einem Land, das man besser als seine Westentasche zu kennen glaubt.
Autor: Pascal Rötheli, 21 Jahre
Sprachaufenthalt: November bis Januar in San Francisco, USA
Freizeit: Snowboard, Musik, Radio machen, Internet und Kino
San Francisco ist die “Multikulti-City“ schlechthin. Hier leben die verschiedensten Nationalitäten, meist in eigenen Vierteln. Ausserdem verfügt die Stadt mit Chinatown über die grösste chinesische Siedlung ausserhalb Asiens. San Francisco ist somit weltoffen und bietet jedem Platz, so z.B. auch den Homosexuellen, die im Castro District ihr eigenes Zentrum gefunden haben.
Ich besuchte jeweils morgens von 9 bis 13 Uhr das St. Giles College in Downtown. Die Schule lag vierzig Minuten von meiner Gastfamilie entfernt und war problemlos mit der MUNI (U-Bahn) zu erreichen. Die aufgestellten Lehrer und Angestellten sorgten täglich für einen angenehmen Betrieb. Mit mehreren Internetstationen ausgerüstet bietet die Schule besonders “Homesick“- Geplagten eine willkommene (vor allem aber günstige, da gratis) Alternative zum Telefon.
Wer eine Reise macht, den verfolgt die Leere im Portemonnaie. Auch mich befiel das sogenannte “Shopping-Syndrom“, denn das Angebot an Kleidern, Schuhen, CDs usw. ist in San Francisco riesig, wer kann da widerstehen (ich jedenfalls nicht), besonders wenn die Preise im Vergleich zur Schweiz tiefer liegen. In Downtown, vis-à-vis der Schule befinden sich die beiden grossen Zentren “Nordstrom“ und “Civic Center“ mit unzähligen Shops auf jeweils elf Etagen. Meine Lieblingslocation in Sachen Shopping war jedoch das Hippieviertel Haight Ashbury. Dort findet jeder etwas, von Lack und Leder über Skatewear bis zu Technoklamotten.
In der Haight Street sind mehrere Secondhandläden, die für die richtige Kleidung sorgen; daneben gibt es Tabak-, Musik-, Bücher- und Esoterikshops. Besonders gemütlich sind die kleinen Cafés und Restaurants, die sich entlang der Strasse angesiedelt haben. Mein Interesse galt vor allem dem “Amoeba“- CD Store am Ende des Viertels, wo man Secondhand und Neuwaren findet. Ich kauft dort nicht weniger als 30 CDs, da man dort von A-Z einfach alles findet. Ein ausgewogenes Angebot, das man aber auch in Berkeley findet, der Universitätsstadt nördlich von San Francisco. Zu erreichen ist der Vorort von Oakland innert einer halben Stunde mit der BART. Berkeley ist lohnendes Ausflugsziel, es gibt eine Einkaufsstrasse mit viel Ambiente, eine riesige Universität mit Park im Grünen und die in San Francisco vermisste Stille.
In San Francisco wurde es mir nie langweilig, denn die Stadt bietet so vieles an Kultur, dass ich oft froh war, eine Alternative zum Shopping zu haben. An schönen Tag pflegte ich die Sonne und Wärme am Ocean Beach zu geniessen. Der Strand ist wirklich beeindruckend mit seiner Weite und dem flachen Meer. Vom Baden zu dieser Jahreszeit (Herbst) rate ich ab, denn das Wasser ist zu kalt, was selbst die hartgesottenen Surfer in ihren Neoprenanzügen zu spüren bekommen. Eines Tages begab ich mich zum Cliffhouse, dem Restaurant auf den Felsen, und entdeckte von dort oben erst richtige die Schönheit dieser Küste. Als Abenteuerfanatiker stieg ich noch weiter in die felsige Brandung und konnte so einen herrlichen Blick auf die Golden Gate Bridge erhaschen. Ein weiterer Ort in der Natur ist der Golden Gate Park, das Pendant zum Centralpark in New York. Wer dort Ruhe und Entspannung sucht, solle dies jedoch nicht an einem Sonntag tun, denn dann ist im Park trotz gesperrter Hauptstrasse die Hölle los, Hippieanhänger musizieren auf den Wiesen, die grossen und kleinen Inliner nehmen die Strasse in Beschlag und die Tennisspieler brüllen sich die Kehle wund. Ansonsten bietet der Park aber mit dem Japanese Teagarden, den beiden Windmühlen und verschiedenen Museen eine Vielzahl von Sehenswürdigkeiten.
Wer wie ich ein angefressener Snowboarder ist, der sollte unbedingt zum nahe gelegenen (vier Stunden Autofahrt sind in den USA nahe) Lake Tahoe fahren. Der Ausflug war zwar etwas kostspielig, er verkürzte mir jedoch das Warten auf die Boardersaison in der Schweiz. Viele Skigebiete öffnen dort nämlich bereits im November ihre Pforten, während wir in der Schweiz zu dieser Zeit das Vergnügen noch auf den Gletschern suchen müssen. Wir liehen uns also ein Auto und übernachteten in Tahoe City in einem Motel. Die Snowboardausrüstung konnten wir übrigens an Ort und Stelle mieten. Doch ist es angebracht, Accessoires wie Handschuhe, Hose, Jacke usw. bereits in San Francisco zu besorgen (im Secondhandshop), damit man Geld sparen kann. Anfangs erschrak ich etwas über die Liftpreise, sie liegen zwischen Fr. 80.- und 100.- für eine Tageskarte.
In und um San Francisco ist das Angebot an Sportveranstaltungen und anderen Anlässen ernorm gross. Da die Nachfrage auch dementsprechend hoch ist, empfiehlt es sich, die gewünschten Tickets über das Internet zu bestellen (Voraussetzung ist eine Kreditkarte), damit man keine Enttäuschung vor dem Stadion erleben muss. Die Tickets der “SF 49ers” z.B. sind schon Wochen im Voraus vergriffen und auch Konzerte in kleineren Clubs sind ihrer Beliebtheit wegen meist ausverkauft.
Obwohl ich nach drei Monaten glücklich darüber war, wieder in die Schweiz zurückzukehren, wäre ich heute gerne wieder in San Francisco. Die Stadt hat mein Herz erobert, denn sie bietet wirklich vieles. Nicht zuletzt habe ich aber auch durch die Schule Freundschaften geschlossen, ohne die ich sicherlich nicht so viel erlebt hätte.