«In der Drogenhauptstadt Spanisch lernen? Willst wohl bei Escobars Leuten Privatunterricht nehmen, wie?» Die Reaktionen meiner Verwandtschaft auf meinen Entscheid, meine mageren Spanischkenntnisse in der zweitgrössten Stadt Kolumbiens aufzubessern, waren gemischt. Vor allem aber bekam ich zu spüren, dass ich wohl nicht ganz bei Trost sei, ist doch viel zu gefährlich, dann noch als junge Frau!
Blick auf das Viertel «El Poblado»
Gleich vorweg: Ich lebe noch und habe mich in diese Stadt verliebt! Kaum am Flughafen in Medellín gelandet, fährst du mit dem Taxi von dem höher gelegenen Rionegro ins Zentrum. Die Fahrt bietet dir eine unglaubliche Panoramasicht über die Millionenstadt. Ich habe mich für die Unterkunft direkt in der Sprachschule entschieden, da diese in einem sehr schönen und überaus sicherem Viertel liegt. Die warnenden Stimmen im Ohr zur einst gefährlichsten Stadt der Welt sind sofort versiegt. Nach einer kurzen Einführung des Schulleiters fühlte ich mich im Nu wie zu Hause. Es gibt fünf Schulzimmer, eine Küche, Gemeinschaftsraum und sogar einen Outdoor-Poolbereich. Nicht zu vergessen: Hund Luke, treuer Begleiter des Schulleiters und Schulmaskottchen.
Die überschaubare Grösse der Sprachschule erlaubt es, in kleineren Gruppen, die deinem Niveau entsprechen, an deinem Spanisch zu feilen. Nach dem Unterricht gibt es jeden Tag ein Angebot an Ausflügen, an denen du unbedingt teilnehmen solltest. Verpasse auf keinen Fall die Graffititour in der «Communa 13» (Slums und Tatort der Drogenkriege, Strassenschlachten etc.), den Ausflug nach Guatapé oder die Salsastunden. Grosses Schwitzen während den Ausflügen bleibt dir erspart. Obwohl es auch ziemlich warm/kalt werden kann, geniesst du in der «ciudad de eterna primavera» meistens angenehme Frühlingstemperaturen und somit verhältnismässig auch nur wenig Ungeziefer, wie beispielsweise Mücken.
Graffititour in der «Communa 13»
Kunstwerk eines Graffitikünstlers in der «Communa 13»
Auf dem Peñol, Sicht über den Stausee Guatapés
Ausflug nach Guatapé, am Fusse des Peñols
Und wo bleibt denn jetzt Escobar? Ehrlich gesagt war ich sehr fasziniert von seiner Figur, sicherlich auch etwas beeinflusst durch die romantisierte Netflix-Serie «Narcos». Besuchst du heute die Stadt Medellín, wirst du merken, keiner spricht von ihm. Beinahe könnte man meinen, er hätte nie existiert. Die Verschwiegenheit der Kolumbianer über den mächtigen Drogenbaron wirft bei Besuchern fragen auf. Sein Name wird ungerne ausgesprochen, als läge ein Fluch darauf. Da hilft nur eines: Nimm an der «Free Walking Tour» durch das Stadtzentrum teil. Auch hier wird der Tourenleiter auf die Aussprache des Namens «Pablo Escobar» verzichten, dir aber alle Fragen beantworten und einige spannende Details erzählen. Einige Hostels bieten auch eine exklusive Tour zur Figur Escobar an. Du besuchst unter anderem sein selbst erbautes Gefängnis «La catedral», sein privater Helikopterlandeplatz oder Escobars Familiengrab. Dazu will gesagt sein, dass diese Tour zwar absolut spannend ist, du dich aber unter den gebürtigen Kolumbianern mit einer Teilnahme unbeliebt machst. Sie vergleichen es damit, dass in Europa schliesslich auch keine «Hitler-Tour» angeboten werde. Ich persönlich habe an beidem teilgenommen und es nicht bereut. Mein Bild von Pablo Escobar hat sich jedoch drastisch verändert, kam ich doch in Kontakt mit Personen, die im Kindesalter Anschläge in Medellín überlebt haben.
Auf der Freewalkingtour im Zentrum Medellíns
Grab von Pablo Escobar
So tragisch die Geschichte der zweitgrössten Stadt Kolumbiens war, so magisch ist ihre Gegenwart. Die «Paisas» (so werden die Einwohner Antioquias – Departement, in dem auch Medellín liegt – genannt) freuen sich über Touristen, es sei ein Beweis, dass sie Fortschritte machen, ihre Stadt auch Ausländer interessiere. Innerhalb von zehn Jahren zählt das nördlichste Land in Südamerika nicht mehr nur 5’000, nein, 5 Millionen Besucher pro Jahr! Diese Freude, der Fortschritt und die Bemühungen der Stadt sind nicht zu übersehen, Geschichte, die jetzt passiert und du ein Teil davon sein kannst. Womöglich ist genau dies der Grund, warum mich Medellín in seinen Bann gezogen hat.
Mentalitätssache: Wie bestelle ich einen preiswerten Kaffee?
Tipps:
- Besorge dir Tickets für ein Fussballspiel im Stadion, du wirst es nicht bereuen. Am feurigsten ist die Partie «el classico»: Atlético Nacional gegen Independiente Medellín (DIM)
- Eine Woche in Medellín ist zu kurz, bleibe länger, wenn du kannst
- Geh in den kleinen Designerläden im Viertel «El Poblado» shoppen
- Buche die «Free Walking Tour» durch das Stadtzentrum früh genug online. Sie ist ziemlich beliebt und deshalb oft ausgebucht
- Tanze im Lokal «Mojito» mit den Locals und anderen Besuchern am Donnerstagabend Salsa
- Günstiger zum Flughafen: Weisse Taxis bei der Tankstelle in der Nähe des «San Diego Shoppingcenters» bringen dich für weniger Geld zum Airport (22’000 Pesos statt 65’000 Pesos)
- Iss ein Teller «bandeja paisa», ein Alptraum für alle Vegetarier und Veganer – mehr soll dazu nicht gesagt sein 😉
- Hör nicht auf deine Verwandten, Medellín wird höchstens dein Herz stehlen
Ticket für ein «El Classico» im Fussballstadion
Typisches Mahl «bandeja paisa» – buen provecho!
Planst Du auch eine Reise nach Medellín und möchtest nebenbei noch deine Spanisch Kenntnisse verbessern? Dann besuche unsere Website www.prolinguis.ch / www.studylingua.choder kontaktiere unser Beratungsteam in St. Gallen, Zürich, Bern oder Luzern für eine kostenlose und unverbindliche Beratung.
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